Mit ihrer Teilnahme an den Olympischen Spielen hat Österreichs Marathon-Rekordlerin Julia Mayer einen bedeutenden Traum verwirklicht.
Doch die Zeit in Paris markiert auch einen Wendepunkt in ihrer Karriere. Die Marathonläuferin und ihr Trainer gaben gegenüber Olaf Brockmann von der Kronen Zeitung interessante Einblicke in ihre Trainingsplanung für die nächsten Jahre.
„Phase 1 ist abgeschlossen“, fasst Trainer Vincent Vermeulen zusammen, „jetzt startet eine neue Ära für Julia.“ Das erfolgreiche Duo richtet seinen Blick bereits auf die kommenden Herausforderungen: Kurzfristig auf die WM 2025 in Tokio, langfristig auf die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles.
Eine Minute schneller ist viel zu wenig
Der erste Wettkampfblock in dieser neuen Phase begann an diesem Sonntag mit den Staatsmeisterschaften im 10-km-Straßenlauf in Tattendorf und führt zur Halbmarathon-Meisterschaft in Salzburg am 6. Oktober sowie zum Marathon in Valencia am 1. Dezember. In Salzburg wird Julia Mayer aus dem vollen Training antreten. Dieses Training hat sich grundlegend verändert. Vermeulen, ein exzellenter Analytiker, betont: „Wenn Julia den Marathon eine Minute schneller läuft, haben wir nichts gewonnen. Sie muss viel schneller laufen.“ Das Ziel ist es, ihren Rekord von 2:26:43 Stunden deutlich zu verbessern.
2:23 Stunden für WM-Qualifikation
Die Anforderungen für die WM-Qualifikation haben sich drastisch verändert: Die Direkt-Qualifikationszeit für den Frauen-Marathon wurde von 2:26:50 Stunden auf 2:23:30 Stunden gesenkt. „Das ist ein gewaltiger Sprung“, weiß Vermeulen und betont, dass ihm nur die Direktqualifikation wichtig ist. Während Mayer in Paris einen soliden 55. Platz belegte, soll sie 2028 „kompetitiv“ sein und weiter vorne mitkämpfen können.
Mehr Tempo, weniger Umfang
Um dieses Ziel zu erreichen, hat sich das Training grundlegend gewandelt. Vermeulen erklärt: „Julia muss auf kürzeren Distanzen schneller laufen.“ Dabei bezieht er sich auf 10-km- und Halbmarathon-Distanzen. „Wir haben Schrittlänge und Schrittfrequenz angepasst“, sagt er und vergleicht es mit dem „Tuning für den sechsten Gang auf der Autobahn.“ Zudem wurde der Trainingsumfang um 20 Prozent reduziert, während die Intensität stark erhöht wurde. Vor den Olympischen Spielen lief Julia Mayer selten schneller als ihr Wettkampftempo von 3:27 Minuten pro Kilometer; jetzt liegt ihr Schnitt zwischen 3:04 und 3:15 Minuten.
Ein spannendes Experiment
Wie sich diese Veränderungen auf die bevorstehenden Wettkämpfe auswirken werden, bleibt abzuwarten. Vermeulen beschreibt es als „eine aufregende Reise, ein großes Experiment. Es gibt kein Handbuch für unser Training.“ Dennoch ist er überzeugt, dass der eingeschlagene Weg nach Los Angeles der richtige ist. Mayer plant, nach ihrer Teilnahme in Budapest 2023 auch in Tokio ihre zweite WM zu bestreiten. Die Qualifikationsfrist endet am 4. Mai 2025 und neben Valencia könnte Wien im Frühjahr ihre letzte Chance bieten. Schließlich war Valencia der Ort, an dem sie ihren bisherigen Rekord aufgestellt hat.
Österreichische Rekorde von Julia Mayer belegen ihre "Baustelle"
- 5 km: 15:45,2 Minuten (2021)
- 10 km: 32:28 Minuten (2024)
- Halbmarathon: 1:11:09 Stunden (2024)
- Marathon: 2:26:43 Stunden (2023)
Vergleichen wir ihre Bestzeiten mit der von HDsports entwickelten Leistungspotential-Tabelle würde Julia Mayer über die Distanzen folgendes Level erreichen:
- 5 km: 87 - 88
- 10 km: 88
- Halbmarathon: 88 - 89
- Marathon: 89 - 90
Die Tabelle offenbart tatsächlich, dass Mayer vor allem auf den kurzen Distanzen ihre "Schwächen" hat. An diesen gilt es zu arbeiten. Denn nur dann ist auch eine langfristige Verbesserung über die langen Distanzen möglich. Denn mit ihrer aktuellen Marathon-Bestzeit müsste über die 5 km eine Zeit um die 15:20 Minuten und über die 10 km eine Zeit um die 31:45 Minuten möglich sein.
Quelle: Zweite Karriere-Phase „Julia muss viel schneller laufen!“ (Krone, 19. September 2024)
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