Der Coronavirus sorgt für massenhaft Absagen und Verschiebungen von Marathons und Straßenläufen.
Doch wer dachte, das wir in zwei oder drei Monaten wieder wie gewohnt an Laufveranstaltungen teilnehmen können, der könnte bitter enttäuscht werden. Denn ein mögliches Szenario wäre sogar das gesamte restliche Jahr 2020 ohne Laufveranstaltungen - und dieses Szenario ist alles andere als unrealistisch.
Realistisches Szenario: Laufveranstaltungen erst wieder 2021
Länder wie Österreich oder Deutschland setzen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie auf eine langsame Ausbreitung des Coronavirus. Geht es nach dem Virologen Jonas Schmidt-Chanasit, so sei es durchaus möglich, das es große Sportveranstaltungen erst im nächsten Jahr geben wird. Dieser sprach in einem Interview im Norddeutschen Rundfunk (NDR), das eine Rückkehr im Profi-Fußball erst im nächsten Jahr möglich sei. Ein Vergleich mit dem Laufsport ist in diesem Fall durchaus angebracht.
Fußball mit unorthodoxer Lösung
Die Lage im Laufsport ist sogar noch ein Stück komplexer als etwa beim Fußball. Während ein Fußballspiel nur von 22 Akteuren ausgeführt wird, sind es bei vielen Laufveranstaltungen tausende Sportler und Sportlerinnen. Im Fußball gibt es zumindest eine Ausweichmöglichkeit: Geisterspiele! Das heißt, die Spiele werden ohne lokale Zuschauer ausgetragen. Diesen Plan strebt zumindest die Deutsche Fußball-Liga an. Mit Geisterspielen soll so die Saison in den zwei höchsten Bundesligen fertig gespielt werden und viele Vereine vom möglichen Bankrott gerettet werden.
Maximal 80 Zuschauer
Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit hält es jedenfalls für absolut unrealistisch, das die Fußball-Saison demnächst fertig gespielt werden kann. Kehrt man nämlich zu früh zum gewohnten Spielbetrieb zurück, würde sich die Situation um die Pandemie wieder verschärfen und die Anzahl der Infektionen abrupt ansteigen. So ist derzeit damit zu rechnen, das "frühestens" nächstes Jahr Normalität einkehren kann, sofern nicht bis dahin eine andere Lösung gefunden wird. Der DFL möchte dieses Problem zumindest mit Geisterspielen lösen, zu denen sich etwa nur 80 Personen im Stadion befinden.
Große Laufevents im Jahr 2020 unrealistisch
Die Lage um den Laufsport ist noch um einiges komplexer. Kleine Laufveranstaltungen sind mit der aktuellen Bekämpfungsstrategie durchaus in ein paar Monaten möglich, großen Veranstaltungen drohen aber über das gesamte Jahr hinweg Absagen. Viele Veranstalter hatten ihre im Frühjahr geplanten Läufe in den Herbst verschoben. Diesen Events droht in einigen Monaten eine erneute Absage bzw. Verschiebung.
Vielen Veranstaltern und Zeitnehmern droht das Aus
Bei großen Städteläufen ist außerdem mit tausenden Zusehern entlang der Strecke zu rechnen. Dieses Problem könnte sich zwar ähnlich wie bei Fußballspielen lösen, allerdings ist es deutlich komplexer. Immerhin finden Laufveranstaltungen an öffentlichen Orten statt, die für jedermann zugänglich sind. Es sieht also nach derzeitiger Lage sehr schlecht für Läufer und Läuferinnen und auch für Laufveranstalter aus. Vielen Laufveranstaltern droht der finanzielle Ruin, genauso wie dessen Dienstleistern, wie etwa Zeitnehmern, die bereits jetzt große Verluste hinnehmen müssen.
Möglicherweise müssen wir auch nach dem Ende der Krise damit rechnen, das die eine oder andere traditionelle Laufveranstaltungen für immer dem Coronavirus zum Opfer gefallen ist.
Keine zufriedenstellende Lösungen
Welche Szenarien machen eine Austragung von großen Laufveranstaltungen in diesem Jahr noch möglich? Eine weitere Verschärfung der Maßnahmen könnte dazu führen, das die Zahl der Infizierten ähnlich wie in China oder Südkorea gegen Null führt und der Einstieg in das normale Leben früher beginnen kann. Solche Maßnahmen sind allerdings nur schwer durchzusetzen und reduzieren den ohnehin bereits eingeschränkten Lebensstandard erneut um ein Vielfaches. Außerdem ist die Gefahr groß, das es nach Aufhebung der Beschränkung erneut zu einer großen Ausbreitung des Virus kommt, da eine Herdenimmunität noch nicht erreicht ist (mehr dazu etwas weiter unten im Text).
Gegenteilige Strategie mit einer sofortigen Aufhebung aller Beschränkungen würde zu einer raschen Durchseuchung des Landes führen (noch schlimmer als derzeit in Italien) und zu einer totalen Überlastung unseres Gesundheitssystem und deutlich mehr Todesopfern. Also ebenfalls alles andere als eine Ideallösung.
Herdenimmunität: Mindestens 50 % müssen erkranken
Die derzeitige Situation bzw. Strategie würde allerdings bei vielen Sportorganisation zum wirtschaftlichen Kollaps führen. Denn Wissenschaftler gehen davon aus, das rund 50 bis 70 Prozent der Bevölkerung diese Krankheit durchmachen müssen, bis eine sogenannte Herdenimmunität entsteht, also eine Immunität der Bevölkerung, die eine weitere Epidemie verhindert.
Das heißt, in Deutschland müssten über 40 Millionen Menschen an COVID-19 erkranken, bis dieser Effekt auftritt, in Österreich wären es über vier Millionen der Einwohner. Bis wir diesen Wert erreichen, soll es noch viele, viele Monate dauern. Österreichs Bundesregierung etwa hofft auf eine tägliche Steigerung der Infizierten im einstelligen Bereich (derzeit sind es um die 20 %). Nehmen wir an, die Steigerung der Infizierten beträgt täglich fünf Prozent, dann würde es etwa 150 Tage dauern, bis die Hälfte der Einwohner von Österreich infiziert sind. Allerdings ist nicht von einer durchgehend linearen Steigerung auszugehen. Zumal auch hier ein Wissenschaftler in einer Sendung von arte ("Das Corona und seine Folgen") davor warnte, das ein Zeitraum innerhalb eines ganzen Jahres ein großes Problem sei. Die Auswirkungen auf unser Gesundheitssystem wäre enorm, die Letalität um ein Vielfaches höher als bei einer langsamen Ausbreitung.
Daher ist es nach derzeitigem Stande sogar sehr realistisch, das wir dieses Jahr auf fast alle Laufveranstaltungen verzichten müssen.
Letzte Hoffnung: Impfstoff
Große Hoffnungen ruhen auf der Entwicklung eines Impfstoffes, mit diesem eine Herdenimmunität durch eine Impfungsrate sehr schnell erreicht werden kann. So ist das Verfahren zumindest seit vielen Jahrzehnten bei der wiederkehrenden Grippe. Doch normalerweise muss man für die Entwicklung und Zulassung (Zulassungsverfahren) neuer Impfstoffe mit einem Zeitraum von mehreren Jahren rechnen. Eine schnelle Verbreitung eines noch nicht ausführlich getesteten Impfstoffes könnte immerhin zu noch nicht bekannten unerwünschten Nebenwirkungen mit schwerwiegenden Folgen führen. Für detailierte Informationen zum Thema Corona-Impfstoff empfehlen wir folgenden Podcast:
Lange Rede, kurzer Sinn: Ohne schnelle Entwicklung eines Impfstoff oder ohne Änderung der derzeitigen Strategie wird es im Jahr 2020 keine großen Laufveranstaltungen geben!
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Kommentare
Schöne Grüße, und bleibt gesund!
Wofür leben wir? Zum Zuhause-Hocken?
Wieso sperrt man nicht einfach die Risikogruppe ein und alle anderen gehen wieder raus bis die Herdenimmunität entstanden ist? Voila, Problem gelöst und wir können alle wieder Laufen
Was sonstige Events angeht. Drauf geschissen, die meisten werden ja genug Klopapier haben.
Bleibt alle gesund
Das wichtigste ist die Gesundheit und das ich zum Laufen komme. Der Rest ist ein sehr positiver Nebeneffekt das wir in Zukunft noch mehr schätzen werden.
Keep on Running
aber für die Veranstalter ist das kein Zuckerschlecken.
Wichtiger ist #stayhealthy