Wusstet ihr, dass Frauen erst mehr als 80 Jahre nach den Männern bei Olympischen Spielen um Gold, Silber und Bronze über die Marathondistanz kämpfen durften?
Denn Frauen wurden im 20. Jahrhundert jahrzehntelang im Laufsport benachteiligt. Viele Jahre lang schloss man Frauen von Marathonveranstaltungen gänzlich aus. Erst in den 1980er konnten. bzw. durften sich Frauen im Laufsport etablieren.
Olympische Spiele mit 88 Jahren Verspätung
Beginnen wir im historischen Marathon-Vergleich zwischen Männern und Frauen mit den Olympischen Sommerspielen der Neuzeit. Diese wurden erstmals im Jahr 1896 ausgetragen. Damals war der Marathonlauf einer von 43 Wettbewerben. Zugelassen waren nur Männer. Das galt nicht nur für den Marathon, sondern auch für die anderen 42 Wettbewerbe der Olympischen Spiele 1896.
Mittlerweile sind Frauen im Sport nahezu gleichberechtigt, sei es beim Laufen eines Marathons, beim Fußball oder beim Skifahren. Sie können mittlerweile uneingeschränkt kostenlos spielen und Sport betreiben.
Bis dorthin war es aber ein langer Weg. Auch hier ist der Olympische Laufsport das perfekte Beispiel. Denn 32 Jahre nach der Premiere der ersten Olympischen Sommerspiele durften Frauen das erste Mal in der Leichtathletik aktiv sein. 1928 wurden fünf Frauen-Disziplinen eingeführt, darunter der 800-Meterlauf. Der wurde aber nach nur einer Austragung wieder gestrichen und 32 Jahre lang ausgesetzt. Denn damals war man schockiert, als man erschöpfte Frauen nach dem Rennen sah. Ein Bild, dass nicht der Vorstellung der männlichen Gesellschaft entsprach.
Zweites Comeback bei Olympischen Spielen
Erst 1960 feierte der 800-Meterlauf ein Comeback. Bis dahin gab es für Frauen, mit Ausnahme des Sprints, keine Laufdisziplinen. Es dauerte 12 weitere Jahre, bis mit dem 1.500-Meterlauf eine noch längere Laufdisziplin eine Premiere bei Olympia feierte.
Nun, mit 80 Jahren Verspätung, ließ man langsam, aber doch, den Frauen-Laufsport im Breitensport und Spitzensport Einzug gewähren.
Der große Durchbruch
Nachdem 1972 die 1.500 Meter in das Olympische Programm eingeführt wurden, dauerte es weitere 12 Jahre, bis der Frauen-Laufsport den endgültigen Durchbruch feiern durfte. Bei den Olympischen Sommerspielen 1984 in Los Angeles gab es nicht nur erstmals einen 3.000-Meterlauf, sondern erstmals auch einen Olympia-Marathon.
Interessantes Detail am Rande: Die erste Olympiasiegerin bei den Damen war damals deutlich schneller als der erste Olympiasieger bei den Herren. Denn die US-Amerikanerin Joan Benoit kürte sich 1984 nach 2:24:52 Stunden zur ersten Frauen-Olympiasiegerin im Marathonlauf. 88 Jahre zuvor war es Spyridon Louis, der damals nach 2:58:50 Stunden gewann (die Strecke war nur 40 Kilometer lang). Erst im Jahr 1952 gelang dem großen Emil Zatopek mit 2:23:04 Stunden eine olympische Marathonzeit, die schneller als die Premieren-Zeit von Benoit war.
Olympische Vielfalt
Seit 1984 ist der Frauen-Marathon ohne Unterbrechung Teil des Olympischen Programms. Bei den Olympischen Sommerspielen 2021 in Japan durften die Frauen zum zehnen Mal über die Marathondistanz um Olympiagold kämpfen. Bis heute gab es keine Läuferin, die zwei Mal bei Olympischen Spielen Marathon-Gold gewinnen konnte. In Summe triumphierten Läuferinnen aus sieben unterschiedlichen Nationen.
Erfolgreichste Nation ist Kenia mit zwei Goldmedaillen, vier Silbermedaillen und einer Bronzemedaille. Erfolgreichste Athletin ist allerdings die Portugiesin Rosa Mota, die 1988 Gold holte und vier Jahre davor zu Bronze lief.
Frauen-Marathon: Verbote im Breitensport
Offiziell an Marathonläufen dürfen Frauen erst seit etwa Anfang der 1970er-Jahre teilnehmen. Historisch in Erinnerung bleiben die Szenen beim Boston Marathon 1967, wo Kathrine Switzer zum Marathon antrat. Als der Rennleiter bemerkte, dass eine Frau am Rennen teilnahm, wollte dieser Kathrin Switzer während des Marathons von der Strecke entfernen.
Doch Switzer lief weiter und kam nach 4:20 Stunden ins Ziel, ehe sie anschließend vom Veranstalter disqualifiziert wurde. Ein Jahr zuvor nahm mit Roberta Gibb bereits eine Frau am Boston-Marathon „unbemerkt“ teil. Fünf Jahre nach der skandalösen Szene um Kathrine Switzer durften Frauen erstmals offiziell am Boston-Marathon teilnehmen.
Schnellste Läuferin unter den acht Teilnehmerinnen war damals Nina Kuscsik. Mittlerweile sind es jährlich über 10.000 Läuferinnen, die den Boston-Marathon bestreiten.
Frauen-Anteil bei rund 25 %
Viele andere internationale Städte-Marathons sind von historischen Frauen-Verboten nicht betroffen, was allerdings darauf zurückzuführen ist, dass diese erstmals ausgetragen wurden, als Frauen bereits Anerkennung im Laufsport fanden. Der Berlin Marathon z.B. wurde erstmals 1974 ausgetragen, also zu einem Zeitpunkt, wo Frauen bereits zugelassen waren. Auch bei der ersten Auflage des New York City Marathons war zumindest eine Dame am Start, die allerdings nicht das Rennen beenden konnte.
Mittlerweile ist der Frauen-Anteil in den USA bei teilweise rund 50 % über die Marathondistanz. Bei kürzeren Laufdistanzen dominieren sogar Frauen.
In Österreich oder Deutschland kommen Frauen auf einen Anteil von rund 25 % bei den Städte-Marathons – Tendenz leicht steigend.
Marathon-Weltrekord bei den Frauen
Die erste inoffizielle Marathon-Weltbestzeit datiert aus dem Jahr 1926 der Britin Violet Piercy mit 3:40:22 Stunden. Es gibt allerdings nicht ausreichend Belege für eine Glaubwürdigkeit dieser Leistung. Als erste unumstrittene Rekordzeit gilt der Lauf der Britin Dale Greig, die im Jahr 1964 trotz Startverbot beim Isle of Wight Marathon 3:27:45 Stunden lief.
Die erste offizielle Zeit unter drei Stunden gelang Beth Bonner im Jahr 1971. Die US-Läuferin finishte den New York City Marathon in 2:55:22 Stunden.
Danach gelangen u.a. den Deutschen Liane Winter und Christa Vahlensieck neue Rekorde, ehe die Norwegerin Grete Waitz 1979 in New York auf einer minimal zu kurzen Strecke mit 2:27:33 Stunden die erste Zeit unter zweieinhalb Stunden lief. Auf einer korrekt vermessenen Strecke gelang dies zwei Jahre später der Britin Joyce Smith mit 2:29:57 Stunden beim London Marathon.
Im Jahr 2001 war die Japanerin Naoko Takahasi mit einer Zeit von 2:19:46 Stunden für den nächsten Meilenstein im Frauen-Marathonsport verantwortlich, ehe die Britin Paula Radcliffe im Jahr 2003 mit 2:15:25 Stunden für eine Zeit sorgte, die lange Zeit als unerreichbar galt.
Tatsächlich dauerte es 16 Jahre, bis die Kenianerin Brigid Kosgei den nächsten Meilenstein setzen konnte. Sie war 2019 beim Chicago Marathon mit 2:14:04 Stunde die erste und bisher einzige Läuferin mit einer Marathonzeit unter 2:15 Stunden.
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