150km von mir zuhause bis zum Start. So weit fahre ich normalerweise nur für einen Marathon. Für den Erzberglauf machst du mal eine Ausnahme, habe ich mir gedacht.
Ansonsten kommt man als Privatperson eh nicht auf diesen Berg, es sei denn man ist ein ausgesprochen brillanter Motorradfahrer, was ich nicht bin.
Der Veranstalter schreibt über den Erzberg: „Abseits des Erzabbaus ist der Erzberg legendäre Filmkulisse und Schauplatz spektakulärer Bergsportabenteuer. Das Erzberg Rodeo. Das härteste Offroad-Motorradrennen der Welt, mit zehntausenden Besuchern vor Ort und Millionen TV-Zusehern weltweit. Das OTA Globetrotter-Rodeo. Beliebte Ferienmesse und eines der größten Fernreisetreffen Europas, mit rund 1.000 Reise- und Offroad-Fahrzeugen.
Der Erzberg ist der größte aktive Bergbau Mitteleuropas. Seit 1300 Jahren wird am Erzberg Gestein abgebaut. 11 Millionen Tonnen sprengen die Bergleute jedes Jahr aus dem Berg. 1 Million Kilogramm Sprengstoff brauchen sie dazu. 2,8 Millionen Tonnen feinstes Erz liefern sie pro Jahr an die Voestalpine in Linz und Donawitz. 6.000 Tonnen täglich, 7 Tage in der Woche, 365 Tage im Jahr.“
Den Erzberglauf gibt es heuer schon zum 15. Mal. Er erfreut sich steigender Beliebtheit. 900 Teilnehmer aus 18 Nationen werden heuer starten, ein Drittel davon mit Nordic Stöcken, einige haben die leuchtend grünen Smovey-Ringe anstatt der Stöcke.
Gestartet wird im Zentrum von Eisenerz, Startsignal ist eine Sprengung, sehr originell.
Zuvor gibt es die eigens dafür komponierte Hymne gefolgt von der steiermärkischen Landeshymne zu hören.
Die Eliteläufer bekommen einen Vorsprung. Der große Rest startet zwei Minuten später.
13°C hat es als es los geht, es ist bewölkt. Im Ziel am Gipfel wird es kaum wärmer sein. Zuerst laufen wir auf asphaltierter Straße leicht ansteigend Richtung Eisenerzer Ramsau, einem Wintersportzentrum für Langlauf, Biathlon und Skispringen. Knapp 1km, dann U-turn nach links und 2 Schilder warnen uns: Vorsicht! Sprengarbeiten! und
Bergbaugebiet – Unbefugten ist das Betreten verboten.
Als Sportler mit Chip am Fuß sind wir befugt und laufen die Schotterstraße rauf. Noch ist die Steigung nicht allzu dramatisch. Es dauert nicht lange und wir kommen an den markanten, weithin sichtbaren Terrassen vorbei, wir schlängeln uns rechts davon rauf. Breit genug ist unsere Straße, immerhin müssen hier die Haulys aneinander vorbeifahren können. Ein so ein riesiger gelber Lastwagen (11,5m lang, 5,5 m breit, 4,5 m hoch) steht am Streckenrand, auf der Ladefläche etwa 60 Bergwerksbesucher die auf uns herabblicken. Jeder davon mit gelben Helm am Kopf, sehr malerisch.
Ich drehe mich um: Der Blick ins Tal ist jetzt schon grandios. Vom Gipfel sieht man nun nichts mehr, der ist mittlerweile in Wolken gehüllt. Richtung Norden haben wir kühlenden Gegenwind, bis zur nächsten Spitzkehre, dann bläst uns Rückenwind rauf.
Noch ein kurzer steilerer Anstieg, bei km4 gibt es die erste Labestelle. Verdünntes „DIESEL-Sport“, Wasser und Bananen. Es wird flach, das ist mein Terrain, ich laufe ganz leicht und zügig, echt lässig! Nun geht es kurz bergab. Wir umrunden zwei Seen, etwa 2km, da machen wir kaum Höhenmeter. Bei km7 haben wir erst 291 Höhenmeter geschafft, somit bleiben für die restlichen 5,5km noch deren 464. Es wird steiler werden müssen.
Km8, der nächste Versorgungsposten, die Läuferin neben mir ist extra aus Neusiedl angereist um sich ihren ersten Berglauf zu gönnen. Mit Berglauftraining am Neusiedler See sieht es nicht so gut aus. Das überrascht mich jetzt nicht. Aber immerhin ist es nicht heiß. Im Vorjahr war das Wetter hochsommerlich, heute ist es ziemlich herbstlich.
Km9, 445 Höhenmeter sind geschafft, steht auf dem Schild. War es vorhin noch wüstenähnlich, führt die Straße nun durch bewaldetes Gebiet.
Dann beginnt es zu nieseln. War das jetzt Donner? Es wird steiler und zunehmend regnerisch. Einmal mehr mache ich mir Sorgen um meine Kamera. Bevor es richtig ungemütlich wird lässt der Regen aber wieder nach. Ich wechsle zwischen Lauf- und Gehmodus. Kaum wird es ein bisschen flach wie vor km10 laufe ich los was das Zeug hält.
Das, was vorher Wolken waren ist nun Nebel, nach km11 tauchen wir ein darin, es nieselt, Nebelreißen. Weit sieht man nun nicht mehr. Erste Zuseher tauchen auf, in Anorak und mit Kapuze am Kopf. Musik ist zu hören, die Stimmung steigt. Bin ich schon am Ziel? Da war doch gerade erst das km12-Schild!
Nun hier ist das letzte Plateau vor dem Schlussanstieg. Bierzelt, Live-Musik, Ziellabe, Duschmöglichkeit, Applaus vom Streckenrand, das gibt es hier.
Ich muss links rauf: „Gleich geschafft! Nur noch 400m!“, steht da zu lesen.
400m sind eine Stadionrunde, das hier sind ganz andere 400m. Das steilste Stück zum Schluss. Medaillendekorierte durchnässte Finisher begegnen mir, denn auch die Kleiderbeutel gibt es 400m vor dem Ziel. Ich keuche rauf und blicke erstmals seit dem Start auf meine Uhr. Unter 1h40 hatte ich mir zum Ziel gesetzt. Das kann sich noch ausgehen, aber spielen darf ich mich nicht. Den Zielsprecher höre ich, wie er u.a. Roman Nöster ankündigt. Den Sprecher höre ich, das Ziel kann ich vor lauter Nebel aber nicht sehen. Die Strecke wird enger, dann diverse Werbebanner: Römerquelle, Gösser, Coca Cola, Sparkasse… weit kann es nicht mehr sein.
Ich sehe die mitlaufende Zeit und mache ein Foto bei 1h39:56 – brutto wohlgemerkt.
Dann bin ich durch, Ziel erreicht, wunderbar.
Im Nu erhalte ich meine schöne, große, bunte Erinnerungsmedaille und eine Flasche mit Wasser. Günter Schlöglhofer ist auch schon da. Er musste nicht allzu lange aufs gemeinsame Zielfoto warten.
Der Ausblick von da oben soll ja erstklassig sein. Dass muss ich glauben, denn was ich da auf 1.466m sehe ist vor allem dichter Nebel, Ausblick keiner.
Ich muss runter zu meinem Kleiderbeutel, schleunigst raus aus dem nassen Zeug, viel über 10°C hat es gewiss nicht. Im Runtergehen mache ich den Neuankömmlingen Mut: „Oben scheint die Sonne!“ Ob mir das wer glaubt?
Die Ziellabe ist eine gatschige Angelegenheit. Als es dann wieder zu regnen beginnt wird es im Zelt schnell zu eng. Herrlich die Duschmöglichkeit am Berg, das Rennen ist perfekt organisiert und zum Laufen hätte das Wetter kaum besser sein können.
Ingrid Skrasek und Monika Schlöglhofer, unsere beiden Nordic Walkerinnen, sehen aus wie durchs Wasser gezogen als sie vom Ziel runterkommen. Dennoch, sie sind sich einig: „Super war es!“
Wer braucht schon 30°C und strahlenden Sonnenschein wenn er einen Berg rauf läuft?
Als wir gut versorgt und gesättigt aufbrechen sind es nur ein paar Schritte zum Autobus
der uns auf anderer Strecke ins Tal bringt.
Der Nebel hat sich gehoben, da und dort sieht man erste sonnige Flecken im Tal. Bald ist es wieder sommerlich warm.
Die Allerschnellsten:
Marlies Penker: 1:05:18
Markus Ulm 0:54:16
586 Erzberglauf-Finisher
323 Nordic Walker im Ziel
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Im Startgeld von € 33,- waren inklusive:
eine sehr einzigartige Strecke mit 745 Höhenmetern (oder doch 788? es gibt zwei Versionen),
über 90% Schotter; durchwegs bewölkt oder nebelig
Pasta am Berg, sehr schöne Finishermedaille,
drei Labestellen mit flinken Helfern; Duschen am Berg vom österreichischen Bundesheer,
Zielverpflegung + Goodie Bag, der diese Bezeichnung auch verdient
Funktions-Shirt gegen Aufpreis
eine Busfahrt via Präbichl runter ins Tal nach Eisenerz
Fotos ZVG
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