Bei den Freiluft-Europameisterschaften 2016 in Amsterdam war die Türkei eine der erfolgreichsten Mannschaften.
4 x Gold, 5 x Silber und 3 x Bronze holte das türkische EM-Team. Damit kamen sie auf exakt so viele Medaillen wie in den bisherigen 22 EM-Auflagen davor.
Doch wie der abrupte Höhenflug zu Stande kam ist höchst umstritten. Denn nicht weniger als zehn der zwölf Medaillen wurden von Leichtathleten geholt, die bis auf einen türkischen Pass nicht viel mit dem Land Türkei zu tun haben. Der nationale Verband bürgert seit Jahren Leichtathleten aus Afrika wie am Fließband ein. Mittlerweile werden auch Sprinter aus Kuba und Jamaika verpflichtet. Eine Strategie mit Erfolg: Vier Goldmedaillen, fünf Silbermedaillen und eine Bronzemedaille gehen auf das Konto der Import-Sportler.
Mit Geld geht alles
Das Einbürgerungen im Spitzensport mittlerweile Gang und Gäbe sind, ist jedem bekannt und durchaus auch zu akzeptieren. Doch Einbürgerungen von Sportlern die bis dato keinerlei Bezug zur neuen Nation hatten und auch nach deren Einbürgerung weiterhin in ihrem Geburtsland leben und trainieren, widersprechen der sportlichen Fairness gegenüber anderen Ländern Europas.
Das Nationenwechsel so schnell realisiert werden können, hängt vom Reglement des Weltleichtathletikverbandes IAAF ab. Eine dreijährige Sperre für internationale Wettbewerbe kann damit umgangen werden, wenn sich beide Verbände über den Wechsel einig sind. Und da kann mit einem Koffer voll Geld nachgeholfen werden.
Athleten sauer
Auch die Athleten werden natürlich mit Geld gelockt. "Es gibt aktuell keinen Grund, warum man in die Türkei auswandern sollte. Es ist gefährlich, in diesem Land zu leben. Warum sollten Leute es repräsentieren wollen? Ich habe keine Ahnung und ich glaube nicht, dass es erlaubt sein sollte," wird der Irin Fionnuala McCormack auf sport1.de zitiert. Sie belegte im 10.000 Meter-Finale nur Rang 4. Gold holte Yasemin Can, eine Kenianerin die erst wenige Tage vor der EM von der Türkei eingebürgert wurde.
Gähnende Langeweile
Vor allem in den Läuferdisziplinen dominierte die Türkei. Die Bewerbe über 5.000 Meter und 10.000 Meter waren ob der frühen Sololäufe türkischer Athleten an Langeweile kaum zu überbieten. Einzig im 5.000 Meter Lauf der Herren ging die Türkei leer aus und dieser Bewerb war zugleich beste Werbung für die Leichtathletik. In einem packenden Finish liefen die schnellsten drei Läufer auf die Hundertsel genau über die Ziellinie. Das Fotofinish musste entscheiden. Türkei's Bester Aras Kaya (natürlich aus Kenia eingebürgert) musste mit Rang 9 Vorlieb nehmen. Der holte bereits zwei Tage zuvor die Silbermedaille über 3.000 Meter Hindernis. Kaya ist ein besonderer Härtefall der europäischen Einbürgerungspolitik. Er wechselte von Kenia nach Russland. Nachdem die aufgrund der Dopingskandale suspendiert wurden, konnte er noch pünktlich vor der EM von der Türkei eingebürgert werden.
Im EM-Kader der Türkei standen sieben in Kenia geborene Athleten, je zwei gebürtige Jamaikaner und Äthiopierinnen, je ein Aserbaidschaner, Kubaner, Ukrainer und eine Südafrikanerin. Diese Sportler waren für zehn der zwölf Medaillen Türkei's verantwortlich.
EM-Medaillen der Türkei
Disziplin | Medaille | Läufer | Nation | Läuft für Türkei seit |
---|---|---|---|---|
400 Meter Hürden | GOLD | Yasmani Copello Escobar | Kuba | 2014 |
10.000 Meter | GOLD | Polat Kemboi Arikan | Kenia | 2013 |
5.000 Meter | GOLD | Yasemin Can | Kenia | 2016 |
10.000 Meter | GOLD | Yasemin Can | Kenia | 2016 |
100 Meter | SILBER | Jak Ali Harvey | Jamaika | 2015 |
200 Meter | SILBER | Ramil Guliyev | Aserbaidschan | 2013 |
3.000 Meter Hindernis | SILBER | Aras Kaya | Kenia* | 2016 |
Halbmarathon | SILBER | Kaan Kigen Özbilen | Kenia | 2015 |
10.000 Meter | SILBER | Ali Kaya | Kenia | 2013 |
Kugelstoßen | BRONZE | Emel Dereli | Türkei | |
Halbmarathon-Team** | BRONZE | Sultan Haydar | Äthiopien | 2008 |
3.000 Meter Hindernis | BRONZE | Özlem Kaya | Türkei |
*Kaya wurde zuvor von Russland eingebürgert, ehe er ein weiteres Mal die Nation wechselte
** Die zwei weiteren Läuferinnen waren nicht eingebürgert
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